Da es verschiedene Schilderungen des Vorfalls in der Großkrotzenburger Asylbewerberunterkunft gab, bei dem tragischerweise ein Mensch ums Leben kam, haben wir eine Liste mit Anfragen an unseren Bürgermeister gerichtet. Diese haben wir am 28.01. an mehreren Stellen veröffentlicht.
Nachstehend die vollständige Beantwortung des Bürgermeister!
Hinweis: Die Beantwortung enthielt unsere Fragen sowie die jeweiligen Antwortsätze, wir haben den Text 1:1 übertragen und lediglich die Antworten durch Größere/Fette Schrift hervorgehoben.
Anfragen der Krotzebojer Grünen zur Gemeindevertretersitzung am 22.01.2021
Im Nachgang zum tödlichen Vorfall in unserer Asylbewerberunterkunft am Mittwoch, den 13.01.2021 haben sich unserer Fraktion unter anderem folgende Fragen gestellt:
Die Gemeinde beschäftigt für die Asylbetreuung zwei Mitarbeiter, da dies günstiger sei als ein Sicherheitsunternehmen.
(u. a. Beantwortung Anfragen KG zur GeVe vom 23.10.2020).
- Weshalb waren laut „Bild“ und weiteren Medienberichten zur Tatzeit Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens vor Ort?
Dass gerade die erwähnte „Bild“-Zeitung als eine höchst unzuverlässige Quelle gilt, ist hinreichend bekannt. Weshalb also laut „Bild“ zur Tatzeit Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens vor Ort gewesen sein sollen, mag der verantwortliche Redakteur beantworten. Seriöse Zeitungen jedenfalls haben in der Verwaltung nachgefragt und die korrekte Antwort erhalten.
- Wann, durch wen, zu welchem Zweck und für wie lange wurde dieser
Sicherheitsdienst beauftragt?
(Nachweise bitte bis Mitte kommender Woche an alle Fraktionen.)
Zur Tatzeit war kein Sicherheitsdienst beauftragt.
Unterschiedlichen Medien zur Folge hat der Sicherheitsdienst den Aggressor überwältigt. Aus Kreisen der Verwaltung soll dies jedoch ein Gemeindebediensteter getan haben.
- Wer hat den Aggressor überwältigt?
(Polizeiprotokoll bitte bis Mitte kommender Woche an alle Fraktionen)
Der Täter wurde von Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft und einem Mitarbeiter der Gemeinde Großkrotzenburg bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten.
Ein „Polizeiprotokoll“ liegt hier nicht vor. Die laufenden Ermittlungen erfolgen über die zuständige Kriminalpolizei (K 11), sowie die Staatsanwaltschaft Hanau.
- Was hat die Asylbetreuung zum Tatzeitpunkt unternommen – die Gemeinde zahlt dafür Rufbereitschaft?
Die beiden Mitarbeiter der Gemeinde Großkrotzenburg waren bis in die frühen Morgenstunden vor Ort und haben sowohl mit Bewohnern, als auch mit der Polizei Gespräche geführt.
- Waren die Asylbetreuer zum Tatzeitpunkt vor Ort?
Die Mitarbeiter der Gemeinde Großkrotzenburg waren unmittelbar nach der Tat vor Ort.
Am Folgetag waren Berichten zur Folge Bewohner der Asylbewerberunterkunft vor dem Rathaus, um sich Gehör zu verschaffen. (Beschwerden)
- Ist es zutreffend, dass beide Betreuer nicht anzutreffen waren und auch keine Gespräche mit den Anwesenden Bewohnern der Asylbewerberunterkunft geführt haben und wenn ja, warum?
Nein, nicht zutreffend (siehe Frage 4)
- Wo waren die beiden Betreuer zu diesem Zeitpunkt?
Noch im Dienst.
- Ist es zutreffend, dass der Bürgermeister ohne das fachkundige Personal unserer Asylbetreuung mit den Bewohnern der Asylbewerberunterkunft Gespräche geführt hat/führen musste und wenn ja, warum?
Ja, der Bürgermeister hat sowohl am 14.01. und 15.01.2021 in größerer Runde, als auch in der 04.KW einzelne Gespräche mit Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft geführt, wozu er durchaus in der Lage ist.
- Wurden darüber hinaus noch Gespräche, wann und durch wen mit den Bewohnern der Asylbewerberunterkunft geführt?
Es wurden Gespräche unter anderem mit einem Notfallseelsorger geführt, mit einem Imam und einem Vertreter des Imam Sadjad Kulturzentrum Frankfurt, sowie ein erstes Gespräch mit zwei Vertretern der Johanniter Flüchtlingshilfe.
- Ist es zutreffend, dass seit Freitag, den 15. Januar beide Mitarbeiter der
Asylbetreuung gleichzeitig für mindestens eine Woche erkrankt sind?
Über etwaige Erkrankungen von Mitarbeitern der Gemeinde Großkrotzenburg werden keine Auskünfte erteilt.
In der Veröffentlichung vom 14.01.2021 schreibt das Rathaus „So habe man sich um Notfallseelsorge und psychologische Betreuung gekümmert.“.
- Erhalten die Bewohner der Asylunterkunft aufgrund dieses Erlebnisses eine professionelle psychotherapeutische Betreuung und wenn ja, welche?
Als erste Maßnahme wurden das Kriseninterventionsteam/die Notfallseelsorge des MKK kontaktiert, sowie Kontakt mit einem Imam hergestellt. Des Weiteren fand eine Begehung mit der Johanniter Flüchtlingshilfe statt. Dort wird derzeit ein Konzept für eine weitergehende Betreuung erarbeitet.
- Was wurde darüber hinaus konkret unternommen und durch wen ausgeführt?
Siehe 11.
- Wie erfolgt derzeit die Asylbetreuung mit „oberster Priorität“, wenn aktuell keine Mitarbeiter der Asylbetreuung zur Verfügung steht?
Durch Miterbeiter der Verwaltung und den Bürgermeister, im Übrigen siehe Frage 11.
In der Beantwortung der Anfragen zur Gemeindevertretersitzung vom 23.10.2020 wird u.a. mitgeteilt, dass viele Kommunen zusätzliches pädagogisches Personal beschäftigen, um das Konfliktpotential in den Einrichtungen zu senken.
- Ist es zutreffend, dass die Gemeinde kein zusätzliches pädagogisches Personal beschäftigt, weil die bestehende Asylbetreuung als ausreichend erachtet wird?
Ja.
Gemäß einem Beschluss des Gemeindevorstandes wurden für die Asylbetreuer Aus- und
Weiterbildungsmaßnahmen beschlossen, um die notwendige Qualifikation sicherzustellen.
- Welche Ausbildung und Qualifikation haben die beiden Asylbetreuer? (Nachweise bitte bis Mitte kommender Woche an alle Fraktionen.)
Es erschließt sich derzeit nicht, welcher Beschluss des GVo hier gemeint ist. Es gibt einen Beschluss zur Fortbildung des kommissarischen Leiters der Ordnungsverwaltung. Die entsprechenden Zertifikate wurden dem GVo vorgelegt und können auch eingesehen werden.
Ein Versand von Zertifikaten, die Gegenstand der Personalakte sind, erfolgt nicht.
- Welche genauen Maßnahmen wurden ergriffen? (Teilnahmebescheinigungen an den Weiterbildungsmaßnahmen bis Mitte kommender Woche an alle Fraktionen verteilen)
Siehe 15.
Zur Asylbetreuung gehören auch Konzepte zur praktischen Umsetzung der Betreuung.
- Welche Konzepte gibt es zur Konfliktprävention, -erkennung und -bewältigung?
(Nachweise bitte bis Mitte kommender Woche an alle Fraktionen.)
Das bisherige Konzept der regelmäßigen Präsenz vor Ort und der ständigen Erreichbarkeit bei
Auseinandersetzungen hat sich bewährt.
- Wer wurde hierfür geschult und wann?
(Nachweise bitte bis Mitte kommender Woche an alle Fraktionen.)
Eine explizite Schulung hat nicht stattgefunden, jedoch verfügt der kommissarische Leiter des Ordnungsamtes über entsprechende Kenntnisse der Gewaltprävention und Deeskalation.
Zur Organisation und Verteilung von Asylbewerbern zwischen Kreis und Kommunen findet auch ein Informationsaustausch statt.
- Welche Informationen werden bei Zuweisung einer Person durch den Kreis mitgeteilt?
Die zur Unterbringung und Erfassung im Meldewesen erforderlichen Daten.
- Welche Informationen kann/muss die Gemeinde selbst einholen?
Keine weiteren.
- Ist es zutreffend, dass Maintal, Nidderau und Großkrotzenburg die einzigen Kommunen im Kreis sind, die alleinstehende Männer in Ihre Asylunterkünfte aufnehmen?
Die Belegungssituation in sämtlichen GU des MKK ist im Detail nicht bekannt. Gegenfrage: Wenn es so wäre, was folgt daraus?
- Welches Maß an Informationen zum Vorleben von aufgenommenen Asylbewerbern erachtet die Gemeinde als ausreichend und warum?
Informationen „zum Vorleben“ ergeben sich aus Gesprächen im Rahmen der Unterbringung.
- Ist es zutreffend, dass vor kurzem eine Begehung der Einrichtung durch
verschiedene Behörden stattgefunden hat?
Am 18.01.2021 fand eine Begehung des Objekts durch die Abteilung „Vorbeugender Brandschutz“ (VB) des Gefahrenabwehrzentrums des MKK statt.
- Wenn ja, wann und durch welche Organisationen/Behörden? (Protokoll der Begehung bitte bis Mitte kommender Woche an alle Fraktionen.)
Siehe 23.
- Wann hat davor zuletzt eine Begehung stattgefunden?
Es hat in der Vergangenheit Gespräche bezüglich häufig ausgelöster Brandmeldeanlagen mit dem VB des MKK gegeben.
Im Übrigen finden regelmäßige Wartungen und Prüfungen der Brandmeldeanlage durch die Firma Siemens statt. Ansonsten finden in kürzeren Abständen bzw. auf Meldung Begehungen durch Mitarbeiter der Gemeinde statt.
Ende letzten Jahres teilte der Gemeindevorstand mit, dass bei bestätigten Corona-Fällen in der Asylbewerberunterkunft „häusliche Quarantäne“ erfolgen soll.
- Wie sieht das Vorgehen bei einer solchen „Häuslichen Quarantäne“ aus?
Das Vorgehen erfolgt in enger Abstimmung bzw. auf Anweisung des Gesundheitsamtes, welches auch ausschließlich dazu ermächtigt ist, eine Quarantäne anzuordnen. Da die Unterkunft in verschiedene Abschnitte unterteilt ist bzw. unterteilt werden kann, denen dann jeweils noch Sanitärräume und eine Küche zugeordnet sind, erfolgt die Durchführung der Quarantäne durch Verbleiben der betroffenen Bewohner in diesen Bereichen.
- Ist es zutreffend, dass bei einem ab Ende November letzten Jahres auf Corona positiv getesteten Asylbewerber die „häusliche Quarantäne“ darin bestand, dass er auf sein Zimmer isoliert wurde und dieses nur zum Aufsuchen der Toilette oder Dusche verlassen durfte?
(Die Küchennutzung zur Eigenversorgung wurde ihm verwehrt.)
„Verwehrt“ ist hier mutmaßlich der falsche Ausdruck. Es ging immerhin darum, die Infektion der übrigen Bewohner aus dem betroffenen Bereich zu verhindern, was auch erfolgreich war.
Der infizierte Bewohner war allerdings mit allem Notwendigen versorgt.
Für die Krotzebojer Grünen sind trotz der Beantwortung durch den Bürgermeister noch viele Fragen offen, zumal unserer Fraktion außer den obenstehenden Antworten bis zum heutigen Tag keiner der gewünschten Nachweise vorgelegt wurde.